Bibelverse geschlechtergerecht – Folgt dem Stern – G*tt kommt

Aufgrund der positiven Resonanz wird es in der Adventszeit vom 27.11. bis 24.12.2022 zum zweiten Mal ein besonderes Losungsprojekt geben. Geloste Bibelverse werden hierzu in eine geschlechtergerechte Sprache übersetzt und mit Bild und ein paar Worten auf Instagram und Facebook veröffentlicht. Lassen Sie sich überraschen und inspirieren.

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Das Projekt wird umgesetzt von Frauen in der EKBO, ejbo, Startbahn und weiteren.


FAQ

1. Was ist das für ein Projekt?

„Bibelverse geschlechtergerecht“ ist ein Projekt in Trägerschaft der Frauen in der EKBO und der Evangelischen Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EJBO). Technischen Support erhält es vom Amt für kirchliche Dienste in der EKBO.

Das Projekt wird umgesetzt von einer Projektgruppe, die ca. 15 Personen umfängt, die größtenteils in der EKBO arbeiten – als Pfarrer*innen, Gemeindepädagog*innen, Diakon*innen, Lehrkräfte, Studienleiter*innen und im Bereich Öffentlichkeitsarbeit.

Für jeden Tag in der Adventszeit 2022 haben wir einen Bibelvers ausgelost, den wir geschlechtergerecht übersetzen und auf unseren Social-Media-Kanälen veröffentlichen. Wir freuen uns anschließend über einen Austausch zum veröffentlichten Text, der sich natürlich im Rahmen unserer Netiquette bewegt.

2. Wozu gibt es dieses Projekt?

Wir träumen von einer diversitätsbewussten und inklusiven Kirche. Wir träumen von einer Kirche, die sich selbst und ihre Erscheinungsformen reflektiert, um wirklich Menschen in ihrer Vielfältigkeit ein Zuhause zu sein – und das bedeutet: auch eine Vielfalt von Gestaltungsideen zulassen.

Der Sprachgebrauch wird oft in seiner Wirkmächtigkeit unterschätzt. Tatsächlich ist ein geschlechtergerechter Sprachgebrauch jedoch ein Signal für viele Menschen, die sich bislang von Kirche ausgeschlossen gefühlt haben und diskriminiert wurden: Die Institution reflektiert sich selbst und öffnet sich. Sie lässt eine Verschiebung in der Machtfrage zu. Wir als Träger*innen dieses Projekts unterstützen dies. Biblisch ist das allzumal – wir haben noch weitere gute Gründe für dieses Projekt, die wir im Folgenden aufzählen.

3. Was soll das Motto? (Ist der Genderstern wichtiger als G*tt?)

Das Motto schließt sich einem uralten christlichen Bild für die Adventszeit an. Der Stern weist den Weg zu dem neugeborenen Jesus, in dem G*tt sich den Menschen mitteilt. Er ist damit ein Symbol für die Adventszeit, die eine der christlichen Bußzeiten ist. Buße ist Reflexion bisher gelebter Praxis, Neuausrichtung, Umkehr. Buße ist G*tt suchen und nach G*tt fragen. Genau darum geht es uns mit diesem Projekt.

4. Was ist überhaupt geschlechtergerechte Sprache?

„Geschlechtergerechte Sprache bezeichnet einen Sprachgebrauch, der in Bezug auf Personenbezeichnungen die Gleichbehandlung von Frauen und Männern und darüber hinaus aller Geschlechter zum Ziel hat und die Gleichstellung der Geschlechter in gesprochener und geschriebener Sprache zum Ausdruck bringen will. Als Personenbezeichnung werden dabei alle sprachlichen Mittel verstanden, die sich in ihrer inhaltlichen Bedeutung (Semantik) auf einzelne Personen, auf gemischtgeschlechtliche Gruppen oder auf Menschen im Allgemeinen beziehen. Um zu verdeutlichen, dass neben weiblichen und männlichen auch nichtbinäre Personen einbezogen werden, setzt sich zunehmend die Bezeichnung gendergerechte Sprache durch, auch gendersensible, genderinklusive oder inklusive Sprache (vergleiche Soziale Inklusion, Diversity Management). Die Anwendung geschlechtergerechter Sprache wird auch kurz als ‚Gendern‘ bezeichnet und nutzt im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: einerseits die Sichtbarmachung der Geschlechter durch entsprechende Bezeichnungsformen (sexusbezogen: Lehrerinnen und Lehrer, Lehrer*innen), andererseits die Neutralisierung von Geschlechtlichem (sexusneutral: Lehrkräfte, Lehrende).“ [https://de.wikipedia.org/wiki/Geschlechtergerechte_Sprache (abgerufen am 01.11.2022)]

5. Warum wird G*tt hier mit Gendersternchen geschrieben? G*tt hat doch kein Geschlecht?!

Richtig. Tatsächlich hat sich aber über Jahrhunderte in der kirchlichen Rede von G*tt eine männlich dominierte Sprachform durchgesetzt. Ein schlichtes Beispiel dafür ist die Tatsache, dass das i.d.R. genutzte Pronomen in der Rede von G*tt „er“ ist. Die biblische Rede von G*tt ist hingegen wesentlich facettenreicher angelegt: G*tt wird hier als Vater bezeichnet, ebenso aber auch als Mutter. G*tt wird als Kriegsherr beschrieben oder als Henne oder als Hebamme.

Darüber hinaus benennt die Bibel mannigfache Eigenschaften G*ttes. G*tt rettet, heilt, kämpft, tröstet, ist barmherzig, G*tt zürnt, straft, liebt, bewegt. Obwohl diese nicht geschlechtlich zugewiesen werden können, geschieht genau das dennoch häufig beim Hören oder Lesen der Worte.

Es zeigt, dass wir natürlich beeinflusst sind von der Annahme einer binären Geschlechterordnung samt gewachsener Rollenzuschreibungen. Diese hat aber die Ungleichwertigkeit der Geschlechter in den vergangenen Jahrhunderten begründet und gestützt. Auch die Zuspitzung auf den männlich konnotierten G*tt hat dazu beigetragen. Das Projekt „Bibelverse geschlechtergerecht“ hat das Anliegen, die Vielfalt der biblischen Rede von G*tt wieder neu zur Geltung zu bringen – und damit gleichzeitig auch die der Bibel innewohnende Herrschaftskritik.

G*tt ist geschlechtlich nicht festzulegen. G*tt ist größer als menschliches Denken und menschliche Vorstellungskraft. G*tt sprengt diese. All das zeigen wir, indem wir G*tt mit Sternchen schreiben.

6. Sind Bibelverse nicht in geschlechtergerechter Sprache?

Die Bibel ist nicht in einer geschlechtergerechten Sprache verfasst, wie heutige Menschen sie verstehen. Aber die Bibel in ihren ursprünglichen Sprachen ist viel geschlechtergerechter, als sie heute in den gängigen Übersetzungen klingt.

Zum einen steht da, wo in fast allen Übersetzungen „der Herr“ steht, im Hebräischen ein Gottesname, der vom Wort Sein herkommt. Er wird im Judentum gar nicht ausgesprochen. Stattdessen wird oft „der Ewige“ gesagt, oder auch der nur für G*tt benutzte Name Adonaj, was wiederum „mein Herr“ heißt. Aber wenn wir im Deutschen „Herr“ hören, dann denken wir an eine männliche Person.

Wenn von Personengruppen die Rede ist, stehen im Hebräischen und Griechischen oft männliche Bezeichnungen, weil das ja über Jahrhunderte so war. Aber die Menschen wussten, dass damit Frauen und Männer gemeint waren. Heute hört es sich so an, als seien nur Männer gemeint. Deswegen übersetzen wir heute zum Beispiel Jüngerinnen und Jünger oder – besser noch – schreiben Jünger*innen.

Jede Übersetzung ist eine Interpretation. Alle versuchen es so gut sie können und merken oft gar nicht, dass sie ihre Vorstellungen in den Text hineindenken. So steht im Schöpfungsbericht zum Beispiel gar nicht „… und schuf sie als Mann und Frau“, sondern „… und schuf sie männlich und weiblich“. Die Bibel ist damit viel weniger festgelegt auf eine starre Zweigeschlechtlichkeit, sie ermöglicht, dass Menschen in der Weise, wie sie sich im Spektrum von Männlichkeit und Weiblichkeit wiederfinden, als Geschöpfe Gottes sehen können.

7. Was will das Projekt „Bibelverse geschlechtergerecht“?

Das Projekt möchte eine bestimmte Zeit lang bekannt machen, wie Bibelverse geschlechtergerecht klingen können und wie auf diesem Hintergrund über sie nachgedacht werden kann. Es möchte für jeden Tag der Adventszeit einen Impuls für den Tag geben. In gewisser Weise ist es ein Übungsfeld, es sind Exerzitien – der Mitwirkenden und für die, die sie nutzen wollen.

Handlungsleitend sind für uns: geschlechtergerechte Sprache, da, wo es nötig scheint, die Sichtbarmachung einer dem Text innewohnenden Herrschaftskritik sowie eine antisemitismuskritische und judentumssensible Übersetzung und Kommentierung der Texte.

Wir wollen die Tiefe und Vielfalt der biblischen Texte bekannt machen und ins Gespräch bringen. Wir wollen zu einer Diskussion, zu einem Neuentdecken der Texte anregen.


Unsere Netiquette

Das Projekt „G*tt kommt! Folgt dem Stern“ möchte die Adventszeit 2022 hindurch bekannt machen, wie Bibelverse geschlechtergerecht klingen können und wie auf diesem Hintergrund über sie nachgedacht werden kann. Es möchte für jeden Tag der Adventszeit einen Impuls für den Tag geben. In gewisser Weise ist es ein Übungsfeld, es sind Exerzitien – der Mitwirkenden und für die, die sie nutzen wollen.

Handlungsleitend sind für uns: geschlechtergerechte Sprache – da, wo es nötig scheint, die Sichtbarmachung einer dem Text innewohnenden Herrschaftskritik – sowie eine antisemitismuskritische und judentumssensible Übersetzung und Kommentierung der Texte.

Wir wollen die Tiefe und Vielfalt der biblischen Texte bekannt machen und ins Gespräch bringen. Wir wollen zu einer Diskussion, zu einem Neuentdecken der Texte anregen.

Wir freuen uns, wenn viele Menschen sich mit uns auf diesen Lernweg begeben. Gegenseitiges Lernen vollzieht sich ein einem aneinander interessierten und von Respekt geprägten Raum. Um diesen zu gewährleisten, gilt die hier formulierte Netiquette.

  1. Beziehen Sie sich auf die in dem Post veröffentlichte Übersetzung. Bleiben Sie bei der Auseinandersetzung mit dem Bibelvers.
  2. Diskutieren Sie sachlich und in der Sache. Beleidigende Kommentare haben bei uns keinen Platz. Gleiches gilt für Seitendiskussionen.
  3. Begründen Sie Ihre Meinung – besonders, wenn Sie (konstruktiv) widersprechen wollen.
  4. Bleiben Sie höflich, bedenken Sie, dass Ihre Texte von Menschen gelesen werden, für die dieses Projekt bedeutsam ist.
  5. Unterlassen Sie persönliche Provokationen.
  6. Kennzeichnen Sie Zitate oder genutzte Quellen korrekt, sodass alle Mitlesenden diese nachvollziehen können.
  7. Das Projekt und die Seiten der Social-Media-Kanäle sollen für Menschen ein Ort und Raum sein, in dem Nachdenken möglich ist und möglichst keine Diskriminierungen und Verletzungen entstehen. Wenn wir das Gefühl haben, dass dies nicht mehr gewährleistet ist, behalten wir uns vor, auch einzelne Beiträge zu löschen.