Christina Clemm war die Hauptreferentin bei der Frauen*versammlung der EKBO am Samstag, 15. Februar 2025, in Berlin. Clemm arbeitet als Straf- und Familienrechtsanwältin in Berlin-Kreuzberg und vertritt seit über 30 Jahren Geschädigte geschlechtsspezifischer und rassistisch motivierter Gewalt. Ihr neuestes Buch „Gegen Frauenhass“ gab der diesjährigen Versammlung der Frauen* in der EKBO die Überschrift.
„Gewalt gegen Frauen ist normalisiert. Man hat sich so sehr daran gewöhnt, dass man selbst Femizide als quasi naturgegeben hinnimmt,“ sagt Christina Clemm. Eben hat eine Frau* von ihren alltäglichen Erfahrungen mit Männern erzählt – vom sogenannten „Catcalling“, Berührungen und Beschimpfungen. „Frauenverachtung ist tief in unserer Gesellschaft verankert.“ Ein Raunen geht durchs Plenum, zudem Nicken, Bestürzung, Ärger. Christina Clemm führt Zahlen an: „Im Schnitt versuchen in Deutschland jeden Tag drei Männer, ihre (Ex)-Partnerin zu töten – und jeden Tag gelingt es einem der drei. In den seltensten Fällen beginnt die Gewalt von jetzt auf gleich.“ Wie beginnt das Aufstehen gegen diese Gewalt? „Das Größte, was wir tun können, ist, unsere Kinder anders zu erziehen“, sagt Clemm. Einige Frauen*meinen, ihre Bücher sollten Pflichtlektüre sein – besonders für Männer.
Workshops
In Workshops vertieften die Frauen* das Thema: Mit Dr. Christina-Maria Bammel diskutierten einige die Auswirkungen der ForuM-Studie ein Jahr nach dessen Erscheinung und formulierten: „Die Aufarbeitung von Gewalt kann eine transformative Kraft für alle institutionellen und organisatorischen Ebenen, als auch für Menschen in ihren Beziehungen, entfalten. Alle möglichen Auswirkungen sind jetzt noch gar nicht abzusehen.“
Mit Isabella Spiesberger, Beraterin und Projektleiterin beim Berliner Zentrum für Gewaltprävention (BZfG), fragten Frauen* nach der Rolle von Männern: „Die öffentliche Wahrnehmung muss geändert werden, denn Frauen*hass ist ein Männerproblem. Das ist wichtig für das Umfeld und die Betroffenen und fördert Männerpräventions- und Täterarbeit.“
In einem anderen Workshop mit der Landespfarrerin für Frauen*arbeit Manon Althaus suchten die Teilnehmerinnen nach gemeinsamen Wegen gegen Frauenhass in der Kirche: „Gefordert wird eine Selbstreflexion in allen Gremien über den Frauenhass in der Evangelischen Kirche. Es braucht eine ‚Männerversammlung‘ zum Thema: Frauenhass!“
Der Workshop „Gewaltprävention durch sensible Geschlechterpädagogik mit Kindern“ mit Antje Klambt, Studienleiterin für Familienbildung im AKD nahm die Erziehung von Kindern im privaten und beruflichen Kontext in den Blick: „Es geht darum, Kinder als Kinder erziehen und nicht als Junge oder Mädchen. Ein Kind darf alles tun, solange es die Grenzen anderer respektiert.“
Gegen die Verrohung der Sprache v.a. im Social-Media-Bereich müssen wir, so die Teilnehmer*innen im Workshop mit Theresa Brückner, „Solidarität zeigen durch konkretes Handeln und Dasein und Zuhören“.
Und mit Dr. Kristina Augst dachten Frauen* über Schuld und Vergebung im Kontext traumasensibler Theologie nach.
Neuer Vorstand gewählt
Die Frauen*versammlung wählte auch einen neuen Vorstand: Marion Duppel (Mitarbeiterin bei ESTAruppin e.V.), Carolin Marie Göpfert (Pfarrerin in Steglitz), Sabrina Heeren-Simon (Leiterin des Landeskirchlichen Archivs), Christiane Lohse (Geowissenschaftlerin) und Maike Schöfer (Pfarrerin in Adlershof) vertreten die Frauen* in der EKBO für die kommenden drei Jahre. Damit beendete der alte Vorstand der Frauen* in der EKBO seine Arbeit: Pfarrerin Dagmar Althausen, Pfarrerin Andrea Paetel, Dr. Christine Rabe und Cornelia Richter schieden aus dieser Funktion aus.
Zur jährlichen Frauen*versammlung treffen sich alle interessierten Frauen* in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, um sich zu vernetzen, fortzubilden und zu beraten.