Aktualisiert am 15.12.2021
Frauenrechte – was von gestern?
Die Evangelische Akademie zu Berlin und die Frauenarbeit der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz haben zum siebten Mal am Vorabend des Reformationstages zur Auseinandersetzung mit aktuellen frauenpolitischen Themen eingeladen. Fast 100 Frauen aller Generationen und verschiedener Religiositäten / Weltanschauungen aus Politik, Kirche, Wirtschaft und Verwaltung sowie Freiberuflerinnen diverser Sparten diskutierten bei einem Dinner engagiert über die Tischreden der Vertreterinnen der Gleichstellungspolitik von Brandenburg und Berlin Monika von der Lippe und Dr. Gabriele Kämper sowie der Autorin Priya Basil. Im Jahr des 100. Jubiläums des Frauenwahlrechts fragten sie: Was heißt Gleichstellungspolitik im Jahr 2018? Wie reagiert sie auf die Vielfalt der Feminismen einerseits und Antifeminismus andererseits? Wer profitiert von Modellen der Geschlechterparität in Wahlgesetzen, und wie lässt sie sich mit einem nicht-binären Geschlechtermodell vereinbaren? Vor welchen Herausforderungen stehen Frauen weltweit, und wohin bewegen sie sich in Zukunft?
Parität in den Wahlgesetzen. Kleine Regelung mit großer Wirkung: Im Zentrum der Rede der Landesgleichstellungsbeauftragten von Brandenburg standen die aktuellen Bemühungen um die Verankerung einer 50%-Repräsentanz von Frauen in Wahlgesetzen. Das würde im Ergebnis eine Vielfalt fördern, die nicht nur den Frauen dient, die „zu einer Verbesserung der Demokratie, zu größerer Bürgernähe und einer Politik, die nicht von Eliten für Eliten gemacht wird“ führe. „Jede und jeder kann etwas beitragen, um unsere Gesellschaft voranzubringen. Ich bin mir sicher – es wird am Ende mehr Themen, mehr Ideen, mehr fähige Politikerinnen und Politiker geben.“
Zwischen Genderstern und Antifeminismus. Gleichstellungspolitik in einer bewegten Stadt: Die Leiterin der Berliner Geschäftsstelle Gleichstellung rief gerade wegen der zunehmenden Angriffe auf emanzipatorische Errungenschaften dazu auf, selbstbewusst und explizit frauenpolitisch tätig zu sein. „Nachdem Frauen nun erst seit gut einer Generation ihren Platz in der Berliner Landespolitik behaupten, wäre eine Einreihung in eine Vielfaltspolitik, die über der Fokussierung auf das Individuum die strukturelle Dimension einer zutiefst zweigeschlechtlich organisierten Gesellschaft aus dem Blick verliert, für Frauen fatal. … Konstruktiv gesprochen sollte … die – absolut gerechtfertigte – Politik für Menschen mit diverser Geschlechtsidentität nicht mit Frauenpolitik verwechselt oder vermischt werden. … In der Ausgestaltung der Regeln für eine geschlechtergerechte Sprache des Landes Berlin versuchen wir gerade, auf dieser Basis eine Lösung zu finden.“
What is Feminist? A Story. A Position. A Betrayal. A Vision. Priya Basils Blick ist kein Tunnelblick. Ohne Macht sind Frauen ohnmächtig, aber -und sie zitiert hier den US-amerikanischen Schriftsteller James Baldwin: “Can one dream of power in any other terms than in the symbols of power?” („Kann man Macht anders träumen als in Form von Machtsymbolen?“) Es kann nicht einfach darum gehen, dieselben Privilegien zu genießen, die bisher (weißen) Männern vorbehalten waren. “The fact is – none of us can keep living the way we have.” („Tatsache ist, dass niemand so weiterleben kann wie bisher.“).
Ein Teil der Reden ist auf den Webseiten der Veranstalterinnen eingestellt.