Es fängt tröstlich an, 2023, mit der Jahreslosung. Das tut gut. Nach dem letzten Jahr, das viele sehr strapaziös empfunden haben: Corona, der Krieg in der Ukraine, politische Auseinandersetzungen bei uns, die Fragen nach Zukunft der bisherigen Form von Kirche, die näher rückende Klimakatastrophe, der private, persönliche Lebensweg … mit den vielen offenen Fragen: Wohin wird es führen, wohin werden wir geführt, wo gibt es Halt …? Nun eine Gottesbegegnung, eine Glaubensgewissheit, die tröstet und aufbaut:
Du bist ein Gott, der mich sieht.
Genesis 16,13
Die Jahreslosung handelt von einer Frau. Hagar, die „Fremde“. Dienerin von Sarai. Von Abraham und Sarai überredet (oder gezwungen …?), sich dem Abraham hinzugeben. Als Leihmutter für die verheißene, aber ausgebliebene Nachkommenschaft. Das führt in Streit und Zerwürfnis. In die Flucht. Natürlich der Dienerin, nicht der Herrin, und schon gar nicht des Erzvaters als Verursacher selbst. Aber dort, in der Einsamkeit, eine Botin Gottes, die ihr eine große Nachkommenschaft verheißt. Wie Abraham. Eine fremde, rechtlose Schwangere mit der gleichen Verheißung wie Abraham, der Erzvater. Eine verrückte Geschichte.
Wenn wir nun auf 2023 blicken: Welche verrückten Geschichten warten auf uns? Wie geht’s weiter mit dem Krieg, wie weiter mit Dürre und Überschwemmung, schmelzenden Gletschern und trockenen, brennenden Wäldern und sterbenden Arten? Wie weiter mit denen, die die Fremde suchen müssen, weil ihr Zuhause keines mehr ist? Begegnen die Hagars unserer Zeit Botinnen Gottes? Erlangen sie Gottesbegegnungen? In Europa, in Deutschland, unserer Kirche? Erquickende Wasserquellen, an denen sie gewiss werden: „Du bist ein Gott, der mich sieht“?
Welche Gottesbegegnungen und Verheißungen will Gott uns und durch uns als Kirche, durch uns als Mitarbeitende des AKD auftun, mit unseren Bildungsaktivitäten, unserer Praxisberatung und Vernetzung? Mit unserem neuen Tagungshaus, das durch neue Technik, super Ausstattung und perfekten Service beeindruckt, aber durch menschliche Offenheit, wohltuende Atmosphäre und erhellende Bildungsarbeit begeistert?
Hagar fühlt sich von Gott erkannt. Ganz und gar. Als Mensch, als Hagar, die Fremde. Eine Hypothek, die uns die Jahreslosung aufgibt: Einssein mit Gott, weil Gott uns sieht. Und wir Gott im Mitmenschen sehen. Nicht zuletzt in der Fremden, den Hagars unserer Zeit. Einssein im tosenden Leben der Welt.
Schenke Gott unserer Welt das Einssein mit ihm, mit ihr. Dass wir Hand und Geist, Fuß und Herz der Versöhnung, Hoffnung und Gerechtigkeit seien. Gott segne uns auf unseren Wegen durch 2023.
Matthias Spenn
Direktor AKD