Pause

Pause.

Nach getaner Arbeit durchschnaufen und abschalten. Vielleicht sogar die Augen schließen und im Gras liegen.

Pause.

Ich mag dieses Bild. Die Sonnenstrahlen, das Schattenspiel der Gräser. So entspannen können, den Augenblick genießen, Kraft sammeln, bevor es zu neuen Taten geht – wie wunderbar! Ich mag das Bild, das mein ehemaliger Darmstädter Kollege Peter Kristen aufgenommen hat. Es zeigt einen Jungen, der sich von seinen Superman-Aufgaben ausruht und sich auf seinen Umhang gelegt hat. Das Bild macht mich aber auch ein bisschen wehmütig. Wieso gelingt es mir so selten, die Pausenzeiten am Tag oder in der Woche, voll und ganz wahrzunehmen und zu genießen? Es ist schwer, abzuschalten. Warum rast der Kopf weiter, plant und strukturiert die nächsten Schritte? Arbeitet schon mal vor und ignoriert dabei viel zu oft die eigenen Grenzen. Pause.

Manchmal entsteht sogar ein neuer Druck: Erhole ich mich genug? Wie kann ich besser abschalten? Was muss ich tun, dass ich bei Kräften bleibe angesichts der Herausforderungen? Wir leben in so verrückten Zeiten, dass sogar die eigene Regeneration zur Pflicht wird. Es wird erwartet, die Pausen möglichst sinnvoll zu nutzen.

Mich beschäftigt ein Text, eigentlich ist es nur ein Satz aus dem Markusevangelium. Die Jünger:innen waren von Jesus in die umliegenden Dörfer geschickt worden, um zu heilen und das Evangelium zu verkünden. Als sie wieder zu Jesus zurückkommen und ihm berichten, sagt er Folgendes:

„Geht allein an eine einsame Stelle, dort ruht ein wenig. Denn ständig kamen und gingen viele; daher hatten sie nicht Zeit genug zu essen.“

(Mk 6,31)

Pause.

Damit man mal Zeit hat, genug zu essen. Oder in Ruhe zu essen. Oder zu spüren, wie die Sonne die Haut wärmt. Oder das Gras zu riechen. Offenkundig fiel dies den Jünger:innen auch nicht leicht. Das beruhigt mich. Genauso wie das Recht auf Rückzug. Sich den Aufgaben entziehen zu dürfen. Egal, wie dringlich oder wichtig sie daherkommen. Es kann nicht immer Alltag sein.

Johann Baptist Metz, ein wichtiger Vertreter der politischen Theologie des letzten Jahrhunderts, hat gesagt, dass die kürzeste Definition von Religion „Unterbrechung“ ist.  Religion ist Unterbrechung. Unterbrechung des Tages- und Wochenrhythmus, Durchbrechen vermeintlicher Alternativlosigkeiten.

Für mich ist das eine der wichtigsten spirituellen Aufgaben unserer Zeit: Pausieren, Innehalten, Alltagsunterbrechung. Kleinere und größere Momente und Räume des zweckfreien Seins. Raum und Zeit für Sinnloses und Sinnhaftes.

Daher wünsche ich Ihnen eine schöne Sommerpause. Ohne Erholungsdruck, sondern mit Lust und Freude am kleinen Moment.

Herzliche Grüße
Kristina Augst, Direktorin

 

Titelbild: Dr. Peter Kristen, RPI Darmstadt